Gelebte Demokratie

Heute war es dann genug, ich ich fühle mich doch genötigt, mir hier etwas von der Seele zu schreiben. Nein, ich spreche in keinem Punkt direkt jemand an, vielmehr geht es um eine Gesamtbetrachtung in meinem wahrgenommenen Umfeld. Wer sich aber direkt den Schuh anziehen möchte, der soll sich keinen Zwang antun…

„Schwere Zeiten“ bringen das Beste oder das Schlimmste der Menschen an den Tag. Ob wir momentan in Europa, im weltweiten Masstab schwere Zeiten haben wage ich zu bezweifeln, aber von Vielen wird es offensichtlich so wahrgenommen.

Immer wieder kommen mir Worte wie „Die Politiker machen eh was sie wollen.“, „Die Politik kann man nicht beeinflussen, das schachern die Politiker und die Industrie untereinander aus.“ oder „Die sagen sie sprechen für das Volk, dabei haben die nur 30% von den paar Leuten gewählt, die überhaupt Wählen waren, die sprechen nicht mal für 1/4 der Bevölkerung!“ und ähnliche Aussagen unter. Nach der aktuellen Flüchtlingslage und den Ereignissen in Paris, wieder mehr denn je.

Aber ist das wirklich so? Wir leben – offiziell (mehr dazu unten) – in einer Demokratie. Ja, die konkrete Umsetzung hat sicher auch ihre Schwächen, genauso wie die Politik die aktuell betrieben wird. Jeder hat da andere Ansichten, was der richtige Weg wäre. Die Demokratie gibt jedem(!) die Möglichkeit, sich mehr oder weniger aktiv an der Politik zu beteiligen.

1. Geht wählen und wählt NICHT die Parteien, die euch angeblich nicht vertreten. Jede nicht vergebene Stimme, ist eine Stimme für … irgendwen der euch NICHT vertritt! Achja, „ihr“ wählt ja nicht, weil „ihr“ das System boykotieren wollt. Dann wählt eine von den Spartenparteien, die vermutlich eh nicht über die 5% Hürde kommen. Dann ist eure Stimme wenigstens als Boykott für die etablierten Parteien sichtbar. Wählt im Zweifel das kleinste Übel, anstatt garnicht zu wählen!
2. Werdet selber aktiv, gründet Interessensgemeinschaften, Vereine, oder gar Parteien (ist gar nicht so schwer, einen e.V. zu gründen kann komplizierter sein!). Aber wartet, da müsst „ihr“ ja selbst aktiv werden, selbst was tun, selbst arbeiten, anstatt Andere arbeiten zu lassen und dann nur noch von der Couch urteilen zu müssen.

Demokratie lebt von den Menschen, die sie mit Leben füllen. Je kleiner die Anzahl von Menschen ist, die sich einbringt, umso mehr kristalisiert sich eine kleine „Elite“ heraus, die über den Rest herrscht.

Nein, ich möchte nicht in einem Land leben, in dem eine monarchische Erblinie herrscht, in dem der pure Kapitalismus alles regelt, oder in dem die Macht des Stärkeren gilt. Die Demokratie, vor allem die reale Umsetzung, hat ihre Fehler und doch ist sie das beste System, das ich mir aktuell vorstellen kann (lasse mich aber gerne inspirieren). Alle anderen Systeme sind nur so lange gut, wie ich selbst zu der Gewinnerseite gehöre, aber nicht gut für die Allgemeinheit der Gesellschaft. Der starke Vortänzer ist nur solange toll und gut, wie ich auf der richtigen Seite des Ballsaals stehe.

Nein, auch ich bin mit etlichen Punkten mit der aktuellen Politik nicht zufrieden, doch bisher finde ich in der vielfältigen Parteienlandschaft (wir haben weit über 50 zugelassene Parteien in Deutschland!) immer noch eine Partei, die die mir wichtigsten Punkte angemessen vertritt. Ja, meistens sind dies Parteien, die nicht die 5% Hürde schaffen, aber … siehe (1) weiter oben.
Alternativ kann ich selbst aktiv werden, wenn ich mich nirgendwo eingliedern kann oder will. Entweder finde ich dann genug Anhänger, die meine Meinung teilen, oder ich habe vielleicht doch eine Spartenmeinung, die nicht Mehrheitsfähig ist. Aber das merke ich erst, wenn ich mich darum bemühe. Ich muss mich halt entscheiden, wie wichtig mir ein Punkt ist, investiere ich meine Zeit in politische Arbeit, oder ist es mir dann doch nicht wichtig genug. Aber zu sagen, man könne nichts tun, ist das schlicht weg nicht wahr, es ist nur weder einfach, noch schnell, noch kurzfristig umsetzbar, sondern erfordert Zeit und Arbeit. Die Langsamkeit kann man aber auch als Schutz vor unüberlegtem oder oportunem Aktionismus sehen…

Ja, gelebte Demokratie erfordert Arbeit und Teilnahme, wenn „ihr“ diese Mühe nicht auf euch nehmen wollt, gut, niemand kann euch zwingen, aber dann verschont „uns“ bitte auch mit eurem Gemaule – täglich auf’s Neue – über das, was euch nicht passt, aber zu dem „ihr“ selbst nicht aktiv werden wollt. Es ist eure eigene Entscheidung, nur passiv an der Gesellschaft teilzunehmen!